Abschied vom Glück

So lernte wohl ein selig Glück ich kennen,
Wenn ich von einem Glücke scheiden soll?
Mag ich's nun Glück, mag ich's Begeistrung nennen,
Es ward mir Herz und Sinn so übervoll,
Und ach, von diesem Glücke mich zu trennen
Ist schwer, ist hart, und unerreichbar wohl;
Mir ist, als müßte ich mein ganzes Leben
Mit diesem Glück, mit dieser Wonne geben.

Ich will die Rose nur am Wege pflücken,
Sie blüht für mich so sinnbethörend schön;
Nur kurze Zeit soll mich ihr Duft beglücken,
Dann will ich ungehindert vorwärts gehn;
Gönnt mir ein kurzes, seliges Entzücken,
Laßt mich bewundernd, liebeglühend stehn —
Ach, grausam gellt der Ruf mir in die Ohren:
Hinweg, der Duft erschlafft, Du gehst verloren.

So schnell kann dieser Duft mich nicht erschlaffen,
Ich will ja nur ein kurzes Liebesglück;
Noch bleibt mir Mut und Kraft mich aufzuraffen,
Doch ach! zu lang schon war der Augenblick,
Und mitten in dem arbeitfrohen Schaffen
Hält fordernd mich mein sehnend Herz zurück,
Ich lernte nicht die roten Rosen sehen
Und unverwundet, stark vorübergehen.

So müssen denn die roten Rosen bleichen,
Sind blühend ihre Fesseln ewig neu;
Dem höhren Ziel muß zarte Liebe weichen,
Der Sinne mächtig bleibt der Mensch sich treu;
Frei muß ich sein, um Zwecke zu erreichen,
Von Liebesglück und Liebesthränen frei,
Es werden diese jetzt noch offnen Wunden
In lichter Freiheit Morgentau gesunden.

Aus: Ilse Stach von Goltzheim
Wer kann dafür, daß seines Frühlings Lüfte weh’n! Gedichte
E. Piersons's Verlag, Dresden und Leipzig, 1898

Collection: 
1948

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