Tag- und Nachtfahrt hinter mir,
Alpenglanz in wachen Blicken,
Drängt es mich, Geliebte, dir
Meinen Ferndrahtgruß zu schicken.
Ein paar Worte: Namen, Ort;
Denke dein, du innig Süße,
Alles blüht hier, Baum wie Wort,
Liebe blühn sie. Tausend Grüße.
Aus dem Postamt tretend, steh'
Ich im Alpensonnenblitzen.
Auf dem Ferndraht droben seh'
Singend ich die Amsel sitzen.
Was du singst aus voller Brust,
Jetzt nur heb' nicht deine Schwinge!
Liebe, Freude, Daseinslust,
Amselfreundin, singe, singe!
Klammre um den Draht den Fuß,
Amsel, sing aus vollster Kehle!
Durch den Draht surrt jetzt mein Gruß,
Amsel, gib ihm deine Seele.
Daß, den Ferngruß in der Hand,
Meine Liebste lacht vor Freude:
Ahnt sie ja nicht, daß wir beide,
Du und ich, ihn abgesandt.
aus: Das neue Buch. Neue Gedichte von Hugo Salus
Albert Langen Verlag München 1919 (S. 93-94)