Sulamith

Ich bin der König Salomo
Und bin der große König;
Und Berg und Hügel, Meer und Strand
Und Wüstensand und Ackerland
Sind meinem Winke untertänig.

Ich bin der König Salomo
Und bin doch meines Reichs nicht froh;
Und Berg und Hügel, Strand und Meer
Sind mir zu viel und doch zu wenig.
Wie gäb' ich sie so gerne her,
Wenn ich nur Herr der beiden Hügel wär'!

Zwei Hügel weiß ich, weiß wie Schnee,
Und blühen ganz in meiner Näh
Und kann sie doch nicht erwandern.
Sie blühen ganz in der Nähe hier,
Ein neidisch Linnen verwehrt sie mir.
Weh! Blühn sie gar für einen andern?!

Sagt, bin ich Herr in diesem Reich?
Darf ich nicht winken: ergebet euch!
Wer ist der Herr der Täler und Hügel?
Ach Gott, im Traum hab' ich die Macht,
Ach Gott, mein Traum senkt jede Nacht
Auf ihren Schnee die seligen Flügel!

O Sulamith, Herrin, und wehrst du dich mir,
So sehr ich mich sehne, so dank' ich dir!
Wie könnt' ich noch leben und glücklich sein,
Wär' wirklich alles, alles mein,
Und hätt' nichts mehr zu erhoffen!
Verwehr' dich mir, schließ fest dein Tor.
Dann steh ich in Sehnen und Träumen davor
Und - find' es doch einmal offen!

aus: Hugo Salus Ernte
Albert Langen Verlag für Litteratur und Kunst
München 1903

Collection: 
1900

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