Meine Straße mir entgegen

Meine Straße mir entgegen
ist heut eine Frau gegangen,
deren Tragen und Bewegen
all mein Sinnen hält umfangen.

Was ich liebend je gepriesen,
wenn ich kurzes Glück genossen,
alle Pracht schien mir in diesen
schlanken Körper eingegossen.

Sichrer Schritt auf graden Beinen,
hohe Schultern, schmaler Rücken.
In den Augen trocknes Weinen
und verhaltenes Entzücken.

Eh' sie meinem Blick entschwände,
folgt ich lange ihren Spuren,
und dann formten meine Hände
ihre herrlichen Konturen

aus der Luft, bis ich verloren
heimging, voll von allem Süßen,
ihren Duft in meinen Poren,
ihren Gang in meinen Füßen.

Daß sie doch noch einmal käme!
Dann will ich sie kniend fragen,
ob sie mich zum Gatten nähme, -
Und sie wird "Sie Esel!" sagen.

Collection: 
1983

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