Das Röslein gar verborgen
In seiner Knospe sitzt,
Der neue Frühlingsmorgen
Zum Kuß das Mäulchen spitzt;
Doch Röslein mag nichts wissen
Vom Blühen und vom Küssen.
Das Röslein sitzt gar spröde
In seinem engen Haus,
Der Mittag ist nicht blöde,
Strahlt Gluth und Flammen aus;
Doch Röslein mag nichts wissen
Vom Blühen und vom Küssen.
In seiner Zelle drinnen
Das Röslein heimlich steht,
Der Abend kommt zu minnen,
Der Abend weint und fleht:
Ach, alle Blumen müssen
Am Ende blüh'n und küssen!
Das Röslein steht in Bangen,
Es steht in Liebesnoth,
Roth werden seine Wangen,
Vor Liebe purpurroth,
Und seine Lippen müssen
Zum ersten Male küssen.
Zum ersten Male blühen
Mit allererstem Kuß,
Zum ersten Male glühen
Das holde Röschen muß;
Denn alle Blumen müssen
Am Ende blüh'n und küssen.