Ich lieb' es, unverwandt dich anzuschauen;

  Ich lieb' es, unverwandt dich anzuschauen;
Ein holdes Rätsel ist dein Angesicht,
Das unverständlich immer zu mir spricht,
Als sollt' es ein Geheimstes mir vertrauen.

Erobrerglück verkünden stolze Brauen,
Genoßne Gunst dein Mund, ein Rosenblatt
In goldner Schale, der so lächelnd satt
Der Küsse scheint, gereicht von andern Frauen.

In deinen Augen aber liegt von Trauer
Ein Widerschein, der ihren Glanz umflort,
Wie Himmelsblau, gesehn durch Regenschauer.

Das ist dein Innres, das blieb ungenommen!
Ein tiefes Unbewußtes dämmert dort,
Das nie berührt ward, ehe ich gekommen.

Collection: 
1908

More from Poet

  •   Die unser Teil in Schicksalstagen waren,
    Erlebnisse, die unser Los gebracht,
    Was wir gelitten haben und gedacht,
    Das ist ein Schatz, den wir zusammensparen.

    Beschenke mich mit allem Wunderbaren,
    Du kannst mir geben...

  •  
    Die Liebe treibt mich, rastlos auszuspähen
    Nach dem Verborgnen, das du in dir hegst;
    Ich horche, wenn du kaum die Lippen regst,
    Als könnt' ich, eh' du redest, dich verstehen.

    Dein ganzes Leben möcht' ich rückwärts...

  •   Der du verharrst in gramvoll düstrem Schweigen,
    O möchten dir, wie schwer ich es ertrage,
    Die Tränen künden, die als stumme Klage
    Mir unaufhaltsam in das Auge steigen!

    Mein Herz fühl' ich sich blutend zu dir neigen
    In...

  •   Daß ich nur Freundschaft immer dir verheißen,
    Als fromme Lüge mußt du es verzeihn.
    Pflegt nicht der Himmel gnädig ihr zu sein,
    Wenn sie entsprang aus redlichem Befleißen -?

    Die Heilige dem Unglimpf zu entreißen,
    Die...

  •   Das ist die Stunde, da ich seiner harrte,
    Die Stunde der Erfüllung ach nicht mehr!
    Jetzt meine Feindin, Zeugin jetzt, wie sehr
    Betrogne Hoffnung eine Seele narrte.

    Ich horche, ob die Eingangstür nicht knarrte,
    Ob...