Der nächtliche Ritt

Des Abends Flügel breiten
Sich aus in stummer Pracht,
Viel Meilen muß ich reiten;
Drum, Liebchen, gute Nacht!

Und hurtig durch die Fluren
Trägt mich dahin mein Roß,
Wohl kennt des Pfades Spuren
Der treue Weggenoß.

Er schaut hinein in's Dunkel,
Vorwärts gewandt den Blick,
Ich schau' in's Sterngefunkel
Und denk' an dich zurück.

Nun sollst du von uns träumen:
Wir sausen durch Feld und Hain,
Des Rosses Zügel schäumen,
Und Funken sprüht der Stein.

Den Braunen laß ich walten,
Versunken in mein Glück;
Da sieht er Nachtgestalten
Und schaudert wild zurück.

Er wird zu seinen Seiten
Der Elfen Chor gewahr,
Er sieht vorüberschreiten
Der Geister bleiche Schaar.

Doch habe du nicht bange
Um deinen Reitersmann!
Kein Geist auf meinem Gange
Hält mir mein Rößlein an.

Ein Stern von klarem Golde
Stand über deinem Haus,
Als ich von dir, du Holde,
Mit Thränen ging hinaus.

Er schien auf deine Schwelle
Wohl bis zum letzten Gruß,
Nun hüpfend, wie die Welle,
Folgt er des Rosses Fuß.

Vor seinen Strahlen fliehen
Die Geister scheu zurück,
Unausgefochten ziehen
Der Reiter und sein Glück.

Der Stern mit hellem Glänzen
Geleitet mich durch's Land,
Bis rothe Rosen kränzen
Das schwarze Nachtgewand.

Collection: 
1865

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