Nachtgrüße

1.
Vor meinem Fenster dämmert
Das trübe Mondenlicht;
Auf meinem Tischlein hämmert
Die Uhr und rastet nicht.

Die stille Nacht durchschallet
Ein einsam hast'ger Gang,
Der wiederum verhallet
Die leere Straß' entlang.

Auf Traumesschwingen heben
Sich die Gedanken mir,
Und heimlich, o mein Leben,
Träum' ich mich hin zu dir.

2.
Ich saß bei dir im warmen,
Im traulichen Kämmerlein,
Und wieder aus deinen Armen
Mußt' es geschieden seyn.

Am Mond vorüber zogen
Die Wolken trüb' und dicht;
Die feuchten Flocken flogen
Und trieben mir in's Gesicht.

Wo die letzten Kerzen brannten,
Ward noch ein Ständchen gebracht,
Da sangen vier Musikanten
Ein frostiges Lied zur Nacht.

Doch mir im Herzen war es
Gar liebewarm und licht,
Da klang von dir ein klares,
Ein fröhliches Gedicht.

3.
Nun zu dir will ich mich träumen,
Du mein holdes, krankes Kind,
Wachen bei dir, ob die Andern
Auch zu Bett gegangen sind.

An den Häupten deines Bettes
Will ich sorglich lauschend stehn,
Will mit lust'gem Pfauenwedel
Kühlung dir in's Antlitz wehn.

Zu dir neig' ich mich und flüstre
Leise Worte durch die Nacht,
Denn die Liebe, zauberkundig,
Bricht des bösen Fiebers Macht.

Collection: 
1840

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