1.
Albanie / gebrauche deine zeit /
Und laß den liebes-lüsten freyen zügel /
Wenn uns der schnee der jahre hat beschneyt /
So schmeckt kein kuß / der liebe wahres siegel /
Im grünen may grünt nur der bunte klee.
Albanie.
2.
Albanie / der schönen augen licht /
Der leib / und was auff den beliebten wangen /
Ist nicht vor dich / vor uns nur zugericht /
Die äpffel / so auff deinen brüsten prangen /
Sind unsre lust / und süsse anmuths-see.
Albanie.
3.
Albanie / was quälen wir uns viel /
Und züchtigen die nieren und die lenden?
Nur frisch gewagt das angenehme spiel /
Jedwedes glied ist ja gemacht zum wenden /
Und wendet doch die sonn sich in die höh.
Albanie.
4.
Albanie / soll denn dein warmer schooß
So öd und wüst / und unbebauet liegen?
Im paradieß da gieng man nackt und bloß /
Welch menschen-satz macht uns diß neue weh?
Albanie.
5.
Albanie / wer kan die süßigkeit
Der zwey vermischten geister recht entdecken?
Wenn lieb und lust ein essen uns bereit /
Das wiederholt am besten pflegt zu schmecken /
Wünscht nicht ein herz / daß es dabey vergeh?
Albanie.
6.
Albanie / weil noch der wollust-thau
Die glieder netzt / und das geblüte springet /
So laß doch zu / daß auff der Venus-au
Ein brünstger geist dir kniend opffer bringet /
Daß er vor dir in voller Andacht steh.
Albanie.
aus: Benjamin Neukirchs Anthologie
Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen
auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte Theile 1-7
Tübingen Niemeyer 1961-1991
(Neudrucke deutscher Literaturwerke)
(Theil 1 S. 70-71)