Ach daß ich euch nicht meiden müste /

Ach daß ich euch nicht meiden müste /
Ihr schätze dieser dritten welt /
Ihr schnee-gebürgten engel-brüste /
Von lufft und seuffzern auffgeschwellt;
Mit eurer rundten liebligkeit
Mag nichts durchaus verglichen werden /
Weil ihr des himmels und der erden /
Des grossen rundtes bilder seyd.

Ihr die ihr beyde hände füllet /
Ihr seyd hier nicht wie anderwärts
In tausend tüchern eingehüllet /
Und qvält das aug / und klemmt das herz:
Ihr zeiget bloß und decket frey /
Durch lindes auff- und nieder-wallen /
Daß in euch weissen marmor-ballen
Blut / feuer / geist und leben sey.

Auff euren hügeln / schöne brüste /
Hat eine werthe mildigkeit
Den süssen saamen aller lüste
Zu vollem wachsthum ausgestreut:
Hier ist die süsse frucht der welt /
Die nach dem paradiese schmecket /
Darein der starcke leim verstecket /
Der alle welt zusammen hält.

Ach möchte mir die würffel fallen /
Daß ich nicht dürffte weiter gehn /
Und könte stets euch zucker-ballen
In eurem milch-meer schwimmen sehn /
Ich wolte gern durch manchen kuß /
Euch allerschönsten liebs-altären
Die höchste billigkeit gewähren /
Die amn an euch verwundern muß.

Doch nein der himmel wills nicht leiden /
Mein schicksal reist mich von euch hin;
Lebt wohl / ich muß euch ewig meiden /
Wiewohl ich euer sclave bin.
Was denn der mund nicht leisten kan /
Das nehmt ihr schönsten engel-brüste /
Ihr gegenwürffe meiner lüste /
Von liebenden gedancken an.

aus: Benjamin Neukirchs Anthologie
Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen
auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte Theile 1-7
Tübingen Niemeyer 1961-1991
(Neudrucke deutscher Literaturwerke)
(Theil 1 S. 424-425)

Collection: 
1709

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