Am Kirchenthore stand ich mit der Meinen -
Sie neigte still das Haupt dem Benedeiten,
Um mit dem hellen Wasser, dem geweihten,
Im Kreuzeszeichen sich die Brust zu reinen.
Wohl mocht ich ihr ein sünd'ger Ketzer scheinen -
Doch Lieb' ist fromm und klug zu allen Zeiten -
Sie sprengte huldvoll im Vorüberschreiten
Auf meinen Mund der heil'gen Tropfen einen.
Und als wir nun auf dunkler Straße standen,
Um meinen Hals sich ihre Arme wanden -
Da küßte von der Lippe sie den Segen.
O! sel'ge Weihnacht! Lieb' ist neu erstanden,
Heil uns, daß wir den Stern der Liebe fanden!
Wir sind geweiht; sein Licht glänzt unsern Wegen!
(1849)
aus: Gedichte von Katharina Diez
und Elisabeth Grube, geb. Diez
Stuttgart 1857