Komm, Geliebte, daß wir Küsse tauschen,
Trauter Lust vereinte Wonne fühlen!
Aber sprich, wo wollen wir uns treffen?
Böse Blicke lauern, böse Munde
Breiten es, wenn zwei Verliebte kosen,
Ihrem Glücke feind, in alle Welt aus.
Laß sie uns durch Zauberkünste täuschen!
Du gestalte Dich zu einer Rose,
Die so eben prächtig aufgebrochen,
Zum Verwechseln ähnlich einer solchen
Bist Du ohnedies, Du Rosenholde!
Ich will einem Schmetterlinge gleichen,
Will mich auf die schöne Blume stürzen,
Und die Leute, wenn sie es gewahren,
Werden wähnen, daß sich an den Blättern
Einer Ros' ein Schmetterling ergötze,
Während ich von Deiner Rosenlippe
Die begehrte Kost der Liebe sauge.
aus: Vor Tagesanbruch
Erzählungen und Lieder
von Amara George
Frankfurt a. M.
Verlag von Meidinger Sohn & Comp. 1859