Daß ich mein Herz dir ganz erschlossen habe, - o zürne nicht!
Daß ich zu schweigen nicht beschlossen habe, - o zürne nicht!
Wie gern will ich die Sehnsuchtsqual ertragen, die mich verzehrt,
Wenn ich den Liebsten zum Genossen habe, nur zürne nicht!
Ach weißt du, daß ich in den bittern Schmerzen, im tiefsten Leid,
Noch immer Lust durch dich genossen habe? - Nur zürne nicht!
Um dich zu leiden selbst ist süß're Wonne, als and'res Glück,
Ob ich mit Thränen sie begossen habe, - nur zürne nicht!
Jetzt quält mich der Gedanke, daß mein Kosen, mein Ungestüm,
Mein heiß' Verlangen dich verdrossen habe, - o zürne nicht!
aus: Unsere Frauen in einer Auswahl aus ihren Dichtungen
Poesie-Album zeitgenössischer Dichterinnen
Von Karl Schrattenthal
Mit zwölf Porträts in Lichtdruck
Stuttgart 1888