Weißt du noch?

Weist du noch? Am Brunnen war es,
Und die blanken Wasser rauschten,
Und am Marktplatz die Paläste
Waren steife, stumme Gäste,
Als den ersten Gruß wir tauschten.

Westwind strich um alle Ecken
Und ein Regen sprühte nieder;
Gingen unterm Schirme weiter,
Und dein Bäschen war Begleiter.
O, das Bäschen sagt nichts wieder.

Doch das böse Bäschen plauschte.
Können Weiber jemals schweigen?
Und nun wissen's alle Tanten,
Daß wir trafen auf pikanten
Wegen uns, verbotnen Steigen.

Wie sie wohl gehechelt haben
In dem großen Lästerorden.
Klatschsucht konnt' ihr Mütchen kühlen.
Ob nun ruhn die Plappermühlen?
Bist ja nun mein Weib geworden.

Neulich, als du offnen Mündchens
Auf den Kissen mir zur Seiten
Schlafend lagst, des Brunnens dachte
Plötzlich und die Verse machte
Ich und segnete die Zeiten.

aus: Mynheer der Tod und andere Gedichte
von Gustav Falke
Dresden und Leipzig E. Pierson's Verlag 1892

Collection: 
1912

More from Poet

  • Sieh, diese Lilie bring ich dir,
    und keiner Rose heiße Glut,
    nein, dieser Lilie weiße Glut
    und meine Liebe bring ich dir.

    Sieh in den keuschen Kelch hinein
    und weide dich an seinem Glanz,
    an seinem Glanz und deinem...

  • Drüben du, mir deine weiße
    Rose übers Wasser zeigend,
    hüben ich, dir meine dunkle
    sehnsüchtig entgegenneigend.

    In dem breiten Strome, der uns
    scheidet, zittern unsre blassen
    Schatten, die vergebens suchen,...

  • Schmale Wege gingen wir
    Hand in Hand,
    Schmetterling fingen wir
    hart an eines Abgrunds Rand.
    Und mit jedem Falter glaubten wir
    gleich das Glück, das Glück gefangen,
    doch die Finger nur bestaubten wir,
    und...

  • Du schläfst, und meine blöde Liebe
    darf sich auch ihrem Winkel wagen
    und über dich ihr zärtlich Nachtgebet
    mit leisem Mund und lautem Herzschlag sagen.

    Dem hellen Tag ist sie ein schreckhaft Kind
    und liebt Verstecke, hüllt sich...

  • Das hab ich dir zu danken,
    daß du die grünen Ranken
    des Glücks zu einem Zelt mir biegst,
    davor du ohne Klagen
    getreu an allen Tagen
    als meines Friedens wache Hüterin liegst.

    Du hörst die leisen Klänge,
    ...