Bewegte See

Noch Einmal so! Im Nebel durch den Sturm:
das Segel knatterte, die Schiffer schrieen,
am Bugspriet stand das Wasser in meinen Knieen
und sah dein stolz und fremd Gesicht.

Noch Einmal wollte mir dein Auge drohn,
wie eine Flamme stand dein Haar im Winde,
doch in den Wellen rang ein Ton
wie das Gewein von einem Kinde -
da wehrtest du mir nicht:

Um meine Lippen lag dein naß wild Haar,
um deine Schulter lag mein Arm gezogen,
und unsern Kuß versüßte wunderbar
der Schaum der salzigen Sturzwogen -
da schrie ich laut vor Freude auf.

Noch Einmal so ! Was tust du jetzt so kalt,
hast du denn Furcht vorm offnen Meere?
Es peitscht dich warm! Komm bald, komm bald!
im Hafennebel tanzt die Fähre -
hinaus! hinauf!

aus: Richard Dehmel Gesammelte Werke
in drei Bänden. Band 2 S. Fischer Verlag Berlin 1913

Collection: 
1920

More from Poet

  • Ich will nicht immer küssen;
    ich will nur fühlen, du bist mein!
    Und wenn du noch viel nackter wärst,
    ich würde lieber zu Stein,
    als heut dich küssen.

    Gieb mir die stillste Stille,
    die du geben kannst....

  • Ich habe dich Gerte getauft, weil du so schlank bist
    und weil mich Gott mit dir züchtigen will,
    und weil eine Sehnsucht in deinem Gang ist
    wie in schmächtigen Pappeln im April.

    Ich kenne dich nicht - aber eines Tages
    wirst...

  • Ich bin arm, du bist reich,
    darum bau ich dir ein Schloß
    aus meinen purpurnsten Träumen.
    Das steht am grauen Nordseedeich,
    wo die funkelndsten Wellen schäumen.

    Denn unsre Liebe ist so groß,
    daß die ganze Welt...

  • Hab ich schon mit dir gespielt,
    als wir Kinder waren,
    scheu um Nachbars Ecke geschielt
    nach deinen flirrenden Haaren?

    Wenn mich nur dein Atem streift,
    fühl ich uns durchs Haidekraut springen;
    wenn mich deine...

  • Du mußt nicht meinen,
    ich hätte Furcht vor dir.
    Nur wenn du mit deinen
    scheuen Augen Glück begehrst
    und mir mit solchen
    zuckenden Händen
    wie mit Dolchen
    durch die Haare fährst,
    und mein...