Nicht zu verschweigen

Sollt' ich meine Lieb' wie eines sünd'gen Traumes Macht verschweigen?
Wird der Himmel seine Sterne, Frühling seine Pracht verschweigen?
Meiner Seele Sterne flammen und ihr Frühling ist erstanden,
Nimmer will ich was an Licht und Duft ihr ward gebracht verschweigen.
Mag's die Trauerweide flüstern, mag's die Quelle weiter sagen,
Wird es doch der Mond, der meine Einsamkeit bewacht, verschweigen.
Darf ich's nicht dem Tag und seinem hellen, lauten Hohn erzählen,
Sollt ich's drum der stille lauschend liebevollen Nacht verschweigen?
Ihre streng' geschloss'ne Lippe wahrt mein duftiges Geheimniß,
Doch ich will's drum nicht der Lippe, die so rosig lacht, verschweigen.
Gierig lauscht die Welt den Kunden von entfachten Kriegesflammen,
Und ich sollt' ihr meines Busens liebeheiße Schlacht verschweigen?
Nein! Selbst wenn die Sargesdeckel über mir zusammenfallen,
Die von Leid und Lust die ganze, schwere Lebensfracht verschweigen,
Wird mein Herz noch über'm Moder als ein heller Demant funkeln,
Der nicht seinen Liebesschimmer will dem Gräberschacht verschweigen.

Collection: 
1894

More from Poet

An eine Frau

Ein Jahrhundert wird vorübergeh'n,
Unsre Gräber wird man nicht mehr sehn,
Unsre Namen, was wir thun und wollen,
Alles ist vergessen und verschollen.

Menschen, deren Zorn wir feig gebebt,
Da wir lieber...

Wie mögt ihr doch so froh im Sonnenstrahl,
Vom West gewiegt, ihr grünen Myrthen sprießen,
Und durftet einst ein theures Haupt umschließen,
Dem euer Schmuck den Schmuck des Lebens stahl!

Sie beugte sich gelassen, ohne Wahl,
Doch...

Wir sprachen viel in trauter Abendstunde
Von Schmerz und Liebe, Sterben und Bestehn,
Wie muthig wir in jede Zukunft seh'n,
Weil Gruß der Ewigkeit in unsrem Bunde.

Da rang der heiße Wunsch sich mir vom Munde:
O, könnt' mein...

Die Blumen schliefen, Sterne wurden wach,
Und mahnend mir von langverlornem Frieden
Des Abend's feierliche Ruhe sprach.

Wir hatten gern den Schwarm der Welt gemieden
Und schritten stumm und träum'risch durch den Wald.
Ich...

Zu deinen Füßen saß ich still und träumend,
Mein Aug' in deines Auges Glut getaucht,
Dein ganzes Sein mit meinem Blick umsäumend.

Der Sonne Liebesfackel war verraucht,
Im Scheidekuß entbrannten Berg und Hügel,
Von tiefster...