Narrenliebe

Zum Narren sprach die holde Königinne
— ein spöttisch Lächeln lag um ihren Mund,
desgleichen lächelte der Hof im Rund —:
"Sag', Schellenohr, was hältst du von der Minne —?"

Der Narr, der ihr zu Füßen an den Stufen
des Thrones saß, zuckt, also angerufen,
jählings zusammen, wandte sich sodann,
sah sie aus Schattenaugen lange an
und sprach kein Wort. —

Die schöne Königin
blickt erst auf ihn, dann da und dorten hin,
das Lächeln fiel von ihrem Angesicht,
sie wollte sprechen — und doch sprach sie nicht —
Zwei dunkle Augen brannten heiß und trunken,
und alles andre war um sie versunken. —

Die Damen und die Ritter rings herum
verhielten sich gleich ihrer Herrin stumm.
Ein Höflingswitz wagt schüchtern sich hervor,
allein er findet kein geneigtes Ohr.

Es räuspert sich ein ältlicher Abbe,
und die Marquise flüstert: "Eh — voyez!"
Die Damen senken ihre Augenlider,
versteckte Blicke huschen hin und wider,
und allenthalben hat man das Gefühl:
's ist äußerst intressant — nur etwas schwül. —

Doch unbeweglich sieht die Königin
mit großen Augen nach dem Narren hin,
und unbeweglich, groß und heiß und starr
sieht auf die Königin der bleiche Narr. —

Vom Park herein schleicht einer Amsel Sang
sehnsüchtig werbend — sonnenheimatbang.

Der Narr steht auf; noch immer wie gebannt
hält er das Haupt der Herrin zugewandt —
dann geht er stumm und müde aus dem Saal. —
Und wie zugleich der Abendsonne Strahl
goldrot durchs hohe Bogenfenster scheint,
da hat die stolze Königin geweint. — —

Auf weißem Ufersand im Abendrot
fand man den jungen Narren bleich und tot. —
— — — — — — — — — — — —
Ja, schöne Königin, nun bist du's inne:
So halten es die Narren mit der Minne.

Collection: 
1919

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