Nachtwanderung

Ich geh durch das schlafende Dorf bei Nacht.
Trüb flackert die alte Laterne.
Ein Fenster nur hell, wo die Liebe noch wacht,
Und über mir blinzeln die Sterne.

Noch stehen die Nelken im Blumentopf
Mit rosa Manschetten umwunden.
Ich glaube, ein schwarzbrauner, lachender Kopf
Ist eben dahinter verschwunden.

Ach nein, das Fenster ist dunkel und leer,
Wo ich so oftmals gesessen.
Das schwarzbraune Mädchen wohnt dort nicht mehr
Und hat mich wohl lang schon vergessen.

Mein Schatten ruft höhnisch: Bist alt! Bist alt!
Die Liebe gehört nur den Jungen. – – –
Ich wandere weiter. Mein Liedchen verhallt,
Wie meine Jugend verklungen.
(Band 1 S. 36-37)
_____

Collection: 
1994

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Tiefe Stunden verrannen.
Wir rührten uns nicht.
In den alten Tannen
Schlief ein Gedicht.

Stieg ein Duft aus dem Heu,
Wie ihn die Heimat nur haucht. – –
Sahst du das Reh, das scheu
Dort aus dem Duster...

Hell strahlen die festlichen Wände,
Fanfaren schmettern laut.
Es reichen sich selig die Hände
Bräutigam und Braut.

Es schwelgen im rauschenden Glanze
Frohe Damen und Herrn
Und wiegen sich lachend im Tanze. – –...

(30. Januar 1919)

Limi, Seeheimer Laterne
Glüht rot.
Trennt uns nur die Feme?
Oder Not?
Von dem Wernerwalde
Und vom Einst
Träum ich, träum, daß balde
Du erscheinst.
Komm,...

Wenige Schritte weiter –
Teilt sich der Buchen stäte Nacht,
Blickst du auf Lande, die heiter
Und weit und schön sind, wie Gott sie erdacht.

Grüne schlummernde Wellen
Glitzern im Regenbogenstaub;
Und Friede...

Mir träumte, ein kleines Schwälbchen
Flöge über das Meer.
Ein fremder, häßlicher Vogel,
Der jagte hinter ihm her.

Und eine weiße Möwe
Schloß sich zum Wettflug an,
Bis sie dem wilden Jäger
Die Beute...