An eine Frau
Ein Jahrhundert wird vorübergeh'n,
Unsre Gräber wird man nicht mehr sehn,
Unsre Namen, was wir thun und wollen,
Alles ist vergessen und verschollen.
Menschen, deren Zorn wir feig gebebt,
Da wir lieber ihrem Wahn gelebt,
Als im Glanz der Wahrheit hinzuwallen,
Sind in Staub gleich unserm Staub zerfallen.
Für den Traum, der nie ein Hoffen fand,
Für das Glück, das ungenossen schwand,
Wird die Welt, der wir's zum Opfer gaben,
Keinen Dank und kein Erinnern haben.
Nichts mehr lebt für uns, selbst nicht der Hohn,
Der da früge, was des Opfers Lohn!
Doch im Reich der Seelen tönt ein Klagen
Um so sündhaft Leiden und Entsagen.
Seelen, die der gleiche Ruf erfaßt,
Wie zwei Blüthen auf dem gleichen Ast,
Eine Frucht zu werden der Vollendung,
Trennten sich und logen ihrer Sendung.
Ein Jahrhundert wird vorübergehn,
Was wir opfern, ist umsonst geschehn,
Doch die Geister höh'rer Welten richten
Strafend unser frevelhaft Verzichten.