Mondstrahlen zittern in den Wellen

Mondstrahlen zittern in den Wellen,
So wie mein Herz, wenn ich dich kommen sehe,
Denn wie der Morgen süß ist deine Nähe,
Nach schwerem Traum. Nach hast'gem, hellem,

Mühvollem Tag die Nacht. Voll Kränken
Erzittern so die Strahlen, weil sie zagen,
Die Wogen werden sie von hinnen tragen,
Die Wasser werden sie ertränken.

Komm' mit zum Strand, den Mond zu bitten,
So ängstlich nicht zu sein. Soll ich in Scherzen
Geschichten ihm erzählen uns'rer Herzen,
Dein Haar ihm zeigen, golddurchglitten?

Du hast die Mutter nie gesehen,
An deren Busen gern ich weinend schliefe,
Phtais, und zu der ich schmerzvoll riefe:
Was ließt du ohne Schiff mich gehen?

Zum Meere trüge mich die Jolle,
Der Ocean wär' mir die tiefe Schale,
In die mein Herz ich ungezählte Male
Seufzend geleert, das übervolle.

Sie hätte gut das weiße Haus verstanden,
Das Häuschen in Olivensatten
Wie Milch, zu klein den großen, satten,
Von dir erfüllten Herzenslanden.

aus: Meerlieder von Carmen Sylva
 Bonn 1891

Collection: 
1885

More from Poet

  • O Liebe! leuchtendes Himmelskind,
    Mit göttlichen Urgewalten!
    Du wehst vorüber wie warmer Wind,
    Ein Athmen über die Welt, da sind
    Viel tausend neue Gestalten!

    O Liebe! breite die Flügel weit
    Ob all den heiligen...

  • Du sollst im Zaume halten die Leidenschaft,
    Doch niemals lassen erkalten die Leidenschaft,
    Du bleibst ein Dämon, Held und Gott,
    Kannst Du in Gluth erhalten die Leidenschaft.

    aus: Meine Ruh von Carmen Sylva
    Höhen und...

  • O Wunderkraft der Liebe!
    O Liebeswunderkraft!
    Als ob je ruhn sie bliebe,
    Hätt jemals ausgeschafft!

    Sie ruhet in sich wieder
    Von ihrem Schaffen aus,
    Sinkt in sich selber nieder,
    Steigt jung verschönt...

  • Im Mondenschein,
    Im Rosenhain
    Ein zärtliches Viertelstündchen!
    Wie macht Natur
    So künstlich nur
    Einfältige Rosenmündchen?

    Am Waldesrain
    Zu Zwein allein,
    Man findet sich ohne Säumniß!...

  • Warum ist Liebe wandelbar?
    Die kleine Maid, die scheue,
    Ist flatterhaft und liebt wohl gar
    Ein wenig sehr das Neue?

    Sie hat auch gar zu viel zu thun,
    Vermittelt viele Küßchen,
    Der Blüthenstaub läßt sie nicht ruhn,...