Am Forellenteich

Im Wald entspringt die Quelle
So warm, aus Erdenschooß,
Daß immer grün die Stelle,
Wo sie herniederfloß.

Wenn ringsumher erstarrte
Natur, im Eiseswehn,
Dort Halm und Blatt verharrte
Noch maiengrün und schön.

Sag nicht, Dir sei erstorben
Die Welt und ihre Pracht,
Klag nicht, Dir sei verdorben
Die Jugend über Nacht.

Laß aus dem Herzen immer
Nur Liebe, Liebe gehn,
Dann bleibt Dir Lebensschimmer,
Dein Antlitz jung und schön.

aus: Meine Ruh von Carmen Sylva
Höhen und Tiefen
Zweite Auflage Berlin 1885

Collection: 
1885

More from Poet

  • O Liebe! leuchtendes Himmelskind,
    Mit göttlichen Urgewalten!
    Du wehst vorüber wie warmer Wind,
    Ein Athmen über die Welt, da sind
    Viel tausend neue Gestalten!

    O Liebe! breite die Flügel weit
    Ob all den heiligen...

  • Du sollst im Zaume halten die Leidenschaft,
    Doch niemals lassen erkalten die Leidenschaft,
    Du bleibst ein Dämon, Held und Gott,
    Kannst Du in Gluth erhalten die Leidenschaft.

    aus: Meine Ruh von Carmen Sylva
    Höhen und...

  • O Wunderkraft der Liebe!
    O Liebeswunderkraft!
    Als ob je ruhn sie bliebe,
    Hätt jemals ausgeschafft!

    Sie ruhet in sich wieder
    Von ihrem Schaffen aus,
    Sinkt in sich selber nieder,
    Steigt jung verschönt...

  • Im Mondenschein,
    Im Rosenhain
    Ein zärtliches Viertelstündchen!
    Wie macht Natur
    So künstlich nur
    Einfältige Rosenmündchen?

    Am Waldesrain
    Zu Zwein allein,
    Man findet sich ohne Säumniß!...

  • Warum ist Liebe wandelbar?
    Die kleine Maid, die scheue,
    Ist flatterhaft und liebt wohl gar
    Ein wenig sehr das Neue?

    Sie hat auch gar zu viel zu thun,
    Vermittelt viele Küßchen,
    Der Blüthenstaub läßt sie nicht ruhn,...