Der Morgen öffnet
Sein Purpurthor,
In den Morgen tret' ich
Mit dir hervor.
Am Pfade, schwellend
Von Thau und Licht,
Lockt junger Frühling,
Und lockt mich nicht,
Weil mir dein Odem
Lebendig weht,
Du andrer Frühling,
Der mit mir geht.
O Erde, Erde,
Wie reich bist du,
Und dein vergess' ich
Und mein dazu
Ob zweien Augen,
Wie du sie hast,
O junges Leben,
Das mich umfaßt.
Spürst du die Fülle,
Die webt und schwebt
Und mir die Tritte
Beseelend hebt?
Fühlst du den Segen,
Der um dich quillt,
Daß mir die Seele
Ueberschwillt?
Du schweigend Wunder,
Du weißt es nicht,
Wie ich trunken trinke
Von deinem Licht!
Und ist es möglich,
Und bist du mein?
Wir zwei im Weiten
Allein, allein!
O halte mich ewig
So gefaßt
Mit Aug' und Ohren,
Wie du sie hast!
Dem Himmel entgegen
Halt' ich dich;
Ein Himmel selber,
Erfüllst du mich.
aus: Gedichte von J. G. Fischer
Dritte vermehrte und aus verschiedenen Sammlungen
vervollständigte Auflage
Stuttgart Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung 1883 (S. 25-27)