Maria Magdalena

 
I.

Sie sahen alle nur
die silberne Barke Deines schönen Leibes,
wie sie schwankte.

Hinabgezogen
in Schlamm und Farbwasser.

Alle sahen sie nur
das geätzte Mal im Nacken.

Keiner sah das Herz,
beladen
mit der Urkraft seiner Liebe.

Da schlugst Du
den bittren Herrenmantel
Deiner Schönheit
um die sieghaften Schultern.
Recktest Dich ein
in brennende Goldwolken.
Und vergeudetest Dich.

Aus den Ringen
Deiner weißen Finger
sprühte das Raubtier.

Das zerdrückte die Herzen.
Wie Du es wolltest.

Aber, als Er, der Wundersame
Dir begegnete,
standest Du reglos.
Reglos.
Eingehüllt in seinen Blick.

Über die dunklen Gewässer
wehten die Rufe
der ewigen Meere.

Da erkanntest Du
den zertretenen Burggarten
Deiner Seele.

Und weintest laut.

II.

Unter dem Kreuz. Und es ward
eine Finsternis über Jerusalem

Und als Dein Herz
den Flammenkreis der Schmerzen
überschritt,
standen Deine Augen sehend
in die Finsternis.

Überstiegen wolkenweit
Würfelgezänk. Zweifel.
Klagschrei. Tod.

Deine Seele,
Deine duldende Seele,
Deine arme, mißhandelte Seele
ein einziger, einsamer weißer Stern
inmitten des Lärms.

Sie ruhte.
Sie mündete in Gottes Hand.

Ferne – ferne -
unter jungen Ostersonnen
wandelte des Heilands
lichte Gestalt. (S. 90-92)

Collection: 
1922

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