Eh noch der Liebesstrahl
Sich in mein Herze stahl,
Durchglühte wohl mit reger Lust
Gar Mancherlei die junge Brust.
In muntrer Schaar bei Becherklange
Dem Traubengotte Preis zu singen
In dithyrambischem Gesange,
Eh noch der Liebesstrahl
Sich in mein Herze stahl.
Ein Wandervogel irr im Lande
Herumzuschwärmen mit Gesellen
Vom alten fahrn'den Ritterstande,
Das mochte obenan ich stellen,
Eh noch der Liebesstrahl
Sich in mein Herze stahl.
Ein Spielchen auch verschmäht' ich nimmer
Mit Würfel, Kugel, Ball und Karten,
Ach da verging des Goldes Schimmer
In Schulden aller Ort' und Arten,
Eh noch der Liebesstrahl
Sich in mein Herze stahl.
Fünf Vettern fingen an zu grollen
Und nannten Schmach mein Thun und Handeln;
Neun Muhmen fingen an zu schmollen,
Doch bathen Gott, mich umzuwandeln,
Eh noch der Liebesstrahl
Sich in mein Herze stahl.
Und weiß der Himmel, war's das Grollen,
Das laute Schmollen, stille Flehen?
Genug, ich hörte auf zu tollen,
Und fing schon an in mich zu gehen;
Allein wie lang? - da stahl,
Sich ein der Liebesstrahl.
Und weg war all mein ernstes Sinnen,
Dahin mein Plan für künft'ge Tage:
Ich strebte nur mein Lieb zu minnen
Und webte hin durch Lust und Klage,
Weil sich der Liebesstrahl
So heiß ins Herze stahl.
Und wieder lag, das kaum geblühet,
Ihr Hoffnungsbäumchen öd darnieder,
Und wieder ward viel Zorn gesprühet
Von manchem der Familienglieder,
Dieweil ins Herz sich stahl
Der arge Liebesstrahl!