Relation Relation
Von Filli und von Coridon
sehr wunder-seltzam Possen/
Cupido hat vor kurtzer weil/
Sie alle beyd mit einem Pfeil/
Biß auff den Tod geschossen.
Diß ist gegangen also zu/
Die Filli hielt Mittagesruh/
Untr einer grünen Eichen/
Hirt Coridon wurd diß gewahr/
Und meint sie sey gestorben gar/
Thet leise zu ihr schleichen.
Küßt sie auff jhren Mund/
Zu sehn/ ob sie noch sey gesund/
Ob ihr außgeh der Athem/
Cupido klein deß gar wol lacht/
Bey sich in seinem Hertzen dacht
Wer hat dir das gerathen.
Es zuckt herfür sein gulden pfeil
Auß seinem Köchelein in eil/
Auff jhre Hertzlein zielet/
Wz gschicht? der schuß gar wol geriet/
Spalt beyde Hertzlein in der mitt/
Groß schmertzen jedes fühlet.
Entzünd dz tausent schelmelein
Gibt sich nun an jr Artzt zu sein/
Hört/ was er braucht/ merkct eben:
Es nam der Filli Kräntzlein ab/
Und Coridon sein Hirtenstab/
Zur Artzeney must geben.
Nun ligen sie beyd in der Cur
Wie wirds doch immer gehen nur/
Wir wollen's bald erfahren/
Wie sie Cupido hab verirt/
Und was er hab herauß curirt
Nach dreyen viertel Jahren. Aus: Ander Theil Musica boscareccia.
Wald Liederlein Auff Italian-Villanellische Invention
Beydes für sich allein mit lebendiger Stim
oder in ein Clavicimbel etc.
von Johann Hermann Schein
Leipzig 1628
[ohne Seitennumerierung]