Indianische Liebesklage

aus Bolivia

Hattest einen leichten Fang,
Böser Herzensdieb,
Als mich Vöglein froher Klang
Zu den Blumen trieb.
Bindest mich mit falschem Zwang
Deiner Augen heut.
Frei zu Blumen hocherfreut
Flög ich mit Gesang;
Doch in deinem Felsenherzen
Wohnt kein Mitleid meiner Schmerzen.

Vöglein flattert ängstlich bang
In dem Käfig dort.
Als dir deine List gelang,
Trugst du rasch ihn fort.
Ach, in solchem Wehedrang,
Thränenbringer du,
Gieb mir wieder meine Ruh!
Zaudre nicht so lang,
Räuber, o gewähr in Hulden,
Nenne, nenne mein Verschulden!

Collection: 
1853

More from Poet

  • Am Wintertag wie hast du heut,
    Mein Frühlingsveilchen, mich erfreut,
    Von unsichtbarer Mädchenhand
    Ein zartes liebes Unterpfand.

    Du zauberst mir mit deinem Blau
    Zum Lenz die winterliche Au,
    Und Frühlingsodem füllt...

  • Die Ideale waren bunte Flitter,
    Wie Zauberschlösser, die uns Feeen bauen;
    Und kaum begann das frühste Morgengrauen,
    War hin vom stolzen Bau der letzte Splitter.

    Wie ist die Täuschung süß, die Wahrheit bitter!
    Es ist so süß, den...

  • aus Bolivia

    Hattest einen leichten Fang,
    Böser Herzensdieb,
    Als mich Vöglein froher Klang
    Zu den Blumen trieb.
    Bindest mich mit falschem Zwang
    Deiner Augen heut.
    Frei zu Blumen hocherfreut
    ...

  • Spiegelhell das weite Meer,
    Wolkenhimmel drüber,
    Und die Segel hängen schwer,
    Wollen nicht hinüber.

    Langsam regt in träger Wucht
    Sich die Ruderstange,
    Zur verlaßnen Uferbucht
    Schau ich lange, bange....

  • Diesen Samen, deiner Hand
    Liebes Angedenken,
    Will ich in ein fruchtbar Land
    In der Heimat senken.

    Wie sich Blatt und Blüt im Keim
    Ueppig dann entfalten,
    Wird dein Bildniß mir daheim
    Sich aufs neu...