Hoffnung

1910

Von meiner Hoffnung laß ich nicht,
ich ließe denn mein Leben,
daß einmal noch das Weltgericht
ein Lächeln muß umschweben.

Und kann es nicht durch Gott geschehn,
daß sich die Menschheit liebe,
so muß es mit dem Teufel gehn,
dem sich die Welt verschriebe.

Der Teufel hol Gesetz und Zwang
samt allen toten Lettern!
Er leih dem Geiste Mut und Drang,
die Tafeln zu zerschmettern!

Am Anfang trennte Gottes Rat
die Guten von den Bösen.
Am Ende steht die Menschentat,
den Gottesbann zu lösen.

Stumm starrt der Weltengeist und friert,
wo wild Begriffe toben.
Wenn einst das Wort die Tat gebiert,
wird er uns lächelnd loben.

Collection: 
1920

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