Hochzeitsgedicht

Umb die schöne frühlings-zeit,
Alß die schöne sommerpracht
Gab dem winter das geleit,
Und das feld nun war erwacht,
Alß die brunnen klar wie glaß
Lieffen, gantz umbhült mit graß,
Alß ein jeder blumen laß,

Als der schäffer aus dem stall'
In die wälder weiden gieng,
Alß es grünet überall
Und der knopffe bäum' empfing,
Kam auch Dorilea gehn,
Sich im grünen umbzusehn,
Und blieb bey sich denckend stehn,

Ob sie in ein grünes thal
Gienge, da ihr winterleid
Mit den blumen ohne zahl
Zu vergehn in fröligkeit,
Oder in den kühlen wald,
Aller schäffer auffentbalt,
Zu den quellen mannigfalt.

Doch vor aller felder zierd'
Hat der garte sie ergetzt,
Den selbst Venus auffgeführt
Und auff einen berg gesetzt,
Der viel schöner rosen tregt,
Der so frische quellen tregt
Und viel tausent freud' erregt.

Dorile die wolt‘ hinauff,
Setzt' an ihre macht und sterck',
Ob sie durch den schnellen lauff
Möcht erklimmen diesen berg;
Aber nein, umbsonst es war,
Sie fiel rückwärts immerdar,
Biß daß sie vermüdet gar.

Lieff das feld durch hin und her,
Suchte da mit allem fleiß,
Ob nicht wo ein schäffer wer'
Und gewünschte hülff erweis‘;
Über berg und über thal
Lieff sie und sucht' überall,
Doch war niemand dazumahl.

Endlich in dem myrtenstrauch'
Hüttet Lucidor der schaff‘,
Allda er nach seinem brauch
Hielte seinen mittags-schlaff.
Er lag in das graß gesenckt,
Ward vor liebe, die ihn krenckt,
Da mit süsser ruh getrenckt.

Dorile wird deß gewar
Und erfreuet sich darab,
Darff ihn doch nicht wecken gar,
Sondern nimbt den hirtenstab,
Leufft damit den berg hinan,
Meint zu halten sich daran,
Doch sie nichtes schaffen kan.

Darauff hat sie sich gewandt
Wieder zu dem Lucidor,
Den sie eben schlaffend fand
In dem grase nach wie vor.
Nimbt die flöt' aus seiner hand,
Dadurch er lengst war bekandt
Hin und wieder auff dem land',

Und bläst, daß der nechste wald
Von der flöthen hellem thon
Hoch biß in die lufft erschallt,
Ob er möcht' erwachen nun;
Doch er kehrt sich nicht daran,
Meint im schlaff', es sey gott Pan,
Der sonst lieblich spielen kan.

Weil nun Dorilea spürt,
Daß er nicht erwachen wil,
Wiewol sie ihn off gerührt
Durch den stab und durch das spiel,
Reist sie von ihm mit gewalt
Seine kleider dergestalt,
Daß er must' erwachen bald.

Alß nun Lucidor erblickt
Nebenst ihm die Dorile,
Ward er gleichsam wie entzückt
Und fragt, warumb sie da steh',
Auch warumb sie ihn geweckt,
Seine kleider ihm entdeckt
Und die flöth' und stab versteckt.

Sie sprach: Schäffer, laß uns gehn,
Da sich jener berg so spitzt,
Da die schönen blumen stehn,
Da die Venus selber sitzt;
Von den rosen bester art,
Von den myrten schön und zart
Sey ein krantz dir vor gespaart.

Auch solstu, mein Lucidor,
Sprach sie, mit mir allezeit
In dem reyen gehen vor,
Auch (wo du mich bringest heut,
Wo ich wünsch' anjetzt zu sein)
Soltu haben, was allein
Lindert deine liebes-pein.

Lucidor sprach: Dorile,
Ach, wie hastu mich erfreut,
Ach, komm eilends, komm; ich geh',
Ich verricht‘ es warlich heut,
Halte dich nur fest an mir,
Ich wil sein in warheit dir
Eine leiter für und für.

Hiemit kamen sie hinauff,
Venus nam sie willig an,
Alle nymphen stunden auff,
Die göttinne gieng voran.
Alß sie sah ihr beyder hertz,
Wie es lauter liebes-schmertz,
Sprach sie lachend voller schertz:

Weil dich Lucidor gebracht
Dorile, an diesen ort,
Gieb ihm, nur nicht lang bedacht,
Das, was du laut deiner wort‘
Hast gesagt; sie nam den krantz,
Setze ihm auff und gieng zum tantz,
Biß der tag verlauffen gantz.

Venus schloß den garten zu,
Merckte, wie es war gespielt,
Und sprach: Geht nur hin zur ruh,
Weil es nur dahin gezielt;
Geht nur, geht, ihr liebes paar,
Helfft euch also immerdar,
Dis sey zeug' ein jedes jahr!

Collection: 
1876

More from Poet

Was von mir dein leichter sinn,
Tyrsis, zu begehren scheinet,
Geb ich dir und keinem hin,
Der mich nicht in ehren meynet,
Keinem, der mich nur durch list
Aufzusetzen willens ist.

Schweine lieben schlamm und...

Mein kind, dich müssen leuthe lieben,
Vor welchen ich ein schatten bin,
Drumb wundert mich es, daß dein sinn
Zu meiner einfalt wird getrieben!
Es pfleget jetzt ja zu geschehn,
Daß alle mir auff hobeit sehn.

...

Hie habt ihr, ihr jungfrauen,
Was ohne schein und list
Recht wehrt an euch zu schauen
Und höchst zu lieben ist.
Ihr mögt durch schöne jugend
Gefallen, wem ihr wolt,
Der keuschheit güldnen tugend...

Lachen jetzt der sonnen wangen
Durch die lufft uns freundlich zu,
Liegt des westes sturm gefangen,
Ist die stoltze see in ruh,
Zeigen sich die felder gütig,
Stehn die saaten übermütig,
Dencket, ob es lang...

O Venus, die du uns mit deinen flammen
Durch marck und seele dringst,
Und hertzen, die es nie gemeint, zusammen
Sich zu begeben zwingst,
Komm doch her und thue das best
Hie auf diesem hochzeit-fest!

Schau...