Gern will ich in deinem schwarzen Haar

Gern will ich in deinem schwarzen Haar
Verbergen die blasse Wange,
Gern will deine Augen perlenklar
Ich küssen glühend und lange;

Will küssen dich wild und inbrünstiglich
Bei Nacht und am hellen Tage -
Allein das Wörtchen "ich liebe dich"
Verlange nicht, daß ich's sage!

Wohl seh' ich, daß deine Wange glüht,
Daß deine Stirn sich umdunkelt,
Daß Hohn deinen rothen Mund verzieht,
Und trotzig dein Auge funkelt -

Doch ehe ich spräche dieß eine Wort,
Würd' ich dich tausendmal lassen
Und würde geduldig tragen hinfort
Dein bitterstes, tiefstes Hassen.

Ich will dich küssen inbrünstiglich
Bei Nacht und am hellen Tage -
Allein das Wörtchen "ich liebe dich"
Verlange nicht, daß ich's sage.

Aus: Lieder an eine Verlorene
von Prinz Emil von Schönaich-Carolath
Stuttgart Leipzig Eduard Hallberger 1878

Collection: 
1878

More from Poet

Gewitterwind braust durch's hohe Kamin
Und treibt die Gluten zusammen. -
Du Lieben voll Weh, fahr' hin, fahr' hin,
Erstirb in den rothen Flammen.

Um die ich so viel gelitten hab',
Ihr süßen, geliebten Lügen,
Ihr...

Grauer Vogel über der Haide,
Der klagend die Heimat mied,
Ich glaube, wir beide, wir beide
Haben dasselbe Lied.

Es hat dir ein Sturm aus Norden
Zerstört das heimische Nest;
Auch mir ist entrissen worden,...

Du reichtest stumm mir beide Hände
Und sahst mich lieb und traurig an,
Dann wandtest du dich ab am Ende
Und ließest mich und gingst hindann.

Noch einmal sah am Waldessaume
Dein braunes Haar im Wind ich weh'n,
Noch...

Ich habe die ferne Geliebte
In tiefem Traume geseh'n,
Und weinen habe ich müssen,
Als sollte mein Herz vergeh'n.

Nicht bebten die süßen Lippen,
Nicht war ihre Wange blaß,
Nicht war von Thränen der Trauer...

Es liegt im Thale, am Strome drüben,
Die Stadt, in der ich geboren ward,
Ich kehre zurück und bin arm geblieben,
Ob meine Hand auch von Arbeit hart.

Dort wohnt auch die Liebste, die ich verlassen,
Bis daß ich käme, die Taschen...