Gebete

1.

Herr, du kennest meine Sorgen,
Meine Wünsche kennest du,
Rängen sie auch tief verborgen
Namenlos dem Himmel zu.

Gieb aus deiner Gnaden Fülle,
Du der beten mich gelehrt,
Was in ahnungsvoller Stille
Stumm ein Mutterherz begehrt.

Gieb, wonach die Lippen beben,
Gieb, wonach das Auge weint,
Gieb, wonach die Seufzer streben,
Ihm, den meine Seele meint!

2.

Und was ich auch ersinnen mag
In Furcht und Zuversicht,
Wie auch ein Wörtlein Tag für Tag
Sich bebend ringt an's Licht,

Kann ich's doch sagen nimmermehr,
Was in der Seele quillt,
Die Zeichen bleiben kalt und leer,
Das Sehnen unerfüllt.

Doch weiß ich's ja, weiß wohl, warum
Ich kämpf' in süßer Pein -
Die rechte Lieb' ist göttlich stumm,
Gehört von Gott allein.

Gehört von ihm in Lust und Schmerz,
Auch stammelnd nicht verschmäht -
Was willst du mehr mein flehend Herz?
Dein Schlag ist dein Gebet.

3.

Du holde Lebenswonne,
Du süßes Erdenglück,
Gieb seinem Herzen Sonne,
Gieb Klarheit seinem Blick;

Schick' fröhliches Gelingen
Zu Allem, was er treibt,
Daß auch in ird'schen Dingen
Ihm heitrer Glaube bleibt.

Mach' durch ein tröstlich Hoffen
Ihm leicht der Tage Last,
Und immer halt' ihm offen
Den Weg zu süßer Rast.

O all ihr Frühlingsdüfte
Tränkt ihn mit Jugend-Lust!
Ihr milden Sommerlüfte
Weht Kühlung seiner Brust!

Ein Fleckchen, schöne Erde!
Voll Blumen und voll Licht,
Darauf er glücklich werde,
Versag' dem Theuren nicht.

Und du, o Herr, sprich Amen,
Du Herr der Herrlichkeit!
Du, der durch seinen Namen
Die Lust am Leben weiht;

Der alles fromm Begehrte
Für seine Menschen schuf,
Der sie sich freuen lehrte,
Du höre meinen Ruf!

Collection: 
1844

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Du sagst: auf theuren Lippen wiegt
Sich Deines Lebens Lust,
Wirst, wenn sich Mund dem Munde fügt,
Dir erst des Heils bewußt.

Nicht so entscheidet mein Gefühl,
Ob's auch von Liebe schwer;
Ein Kuß gilt mir unendlich...

Streife über meine Saiten
Feuchter Hauch der stillen Nacht,
Laß die Töne schwellend gleiten,
Wo der Liebe Sehnen wacht;
Hebe leicht wie Blüthenflocken
Mir die losgebund'nen Locken,
Daß sich rein das sanfte Licht...

Liebster ich sterbe!
'S ist mir so bang und weh -
Saget ihr Augen,
Wo ich euch wiederseh'?
Blüthen und Freuden,
Küsse und Leiden,
Alles will scheiden?
Nun denn Ade!

Muß ich hinüber,...

In Lieb' und Dank sich selig auszudehnen
Ist meines Herzens heiligster Beruf!
Ob Himmelslust, ob ungestilltes Sehnen
Den feuchten Strahl im Seelenspiegel schuf,
Er thauet kühlend auf die heiße Brust,
Die der Bedeutung Tiefe sich...

Was klopft an die Brust?
Ist's etwa die Lust?
Herein, nur herein!
Doch kann's ja nicht sein -
Längst wohnte sie dort
Am heimlichen Ort.

Was klopft an dem Herzen?
Sind's etwa die Schmerzen?
...