Die Welle rinnt

Die Welle rinnt,
Der Frühling spinnt
Goldfäden durch den Wald,
Und träumend zieht,
Auf den Lippen ein Lied,
Der Liebsten Huldgestalt.

Ihr Blondhaar fliegt,
Der Wind es wiegt
Im Sonnengold wie einst.
Mein Herz, hab Ruh';
Was ist's, das du
Erhoffst noch und vermeinst?

Durch brütenden Hag
Im Hochmittag
Ein Windstoß raunt: Du Thor -
Nie kehrt zurück
Ein großes Glück
Dem, der es einst verlor.

Im Waldesgrund
Mit zuckendem Mund
Möcht' stürzen ich, schluchzend laut,
Zu Füßen ihr,
Die heilig mir
Und längst eines andern Braut.

Aus: Gesammelte Werke
von Prinz Emil von Schoenaich-Carolath
3. Band Gedichte
Leipzig G. J. Göschen'sche Verlagsbuchhandlung 1907

Collection: 
1878

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