Die Liebe

Die Liebe war mir wie die Fremde
Und schien mir alles wunderbar -
Jetzt bin daheim ich in der Liebe,
Und alles ward mir lieblich klar.

Ein tiefes Wunder ist das Leben,
Auf dessen Grund kein Auge schaut:
Doch weil Alltäglichkeit wir's nennen,
Bedünkt's uns einfach und vertraut.

So kommst auch du, o heil'ge Liebe,
Aus deinen Himmeln schlicht herab
Und trinkst mit uns aus unserm Becher
Und brichst von unserm Brote ab.

Und also kommt es, daß ein Mädchen
Ganz deiner Göttlichkeit vergißt
Und daß dein Blick voll Ewigkeiten
Ihm der von einer Schwester ist.

aus: Deutsche Lyriker seit 1850
Mit einer litterar-historischen Einleitung
und biographisch-kritischen Notizen
Herausgegeben von Dr. Emil Kneschke
Siebente Auflage
Leipzig 1887

Collection: 
1882

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Südliche Nacht, du küssest mich heiß,
Schwimmende Luft, du schmeichelst mir leis',
Köstliche Sterne im ruhigen Meer,
Nordbraut zieht fort - das Scheiden ist schwer!
Aber so schön, o Süden, du bist,
Drüben im Norden der Liebste...

Ich bin fern von meinem Hause,
Ich bin fern von meinem Land,
Ich bin einsam und verlassen,
Ungeliebt und unbekannt.
Aus den Stunden unsers Glückes
Blieb mir nur ein einzig Pfand:
Dieser Zeuge meiner Freuden...

Wenn ein Blick sich von uns wendet,
Welcher einst von Liebe sprach,
Und der süße Traum geendet,
Und der Hoffnung Anker brach,
Alle Blüthen sich entfärben -
Ach, was bleibt dem Armen dann,
Als vergessen, oder sterben,...

 

Du mußt dich nicht bekümmern,
Wenn einmal auch geschwind
Beschattet meine Stirn ist,
Die Augen voll Thränen sind.

Am hellsten Sonnentage,
Schwebt da ein Wölkchen nicht
Manchmal zwischen die Gegend...

 
Das ist der Preis, den zahlen
Du für die Liebe mußt,
Daß oft so bange Qualen
Beklemmen deine Brust.

Daß du nicht hast zu rasten,
Daß keine Luft dir kühl,
Und daß die Stunden lasten
Auf dir...