Weil ich nicht vergessen kann

Wenn ein Blick sich von uns wendet,
Welcher einst von Liebe sprach,
Und der süße Traum geendet,
Und der Hoffnung Anker brach,
Alle Blüthen sich entfärben -
Ach, was bleibt dem Armen dann,
Als vergessen, oder sterben,
Wenn er nicht vergessen kann.

Du auch hast mir einst gesendet
Deiner Blicke süßen Glanz,
Und dich von mir dann gewendet,
Und zerrissen meinen Kranz,
Hold gelockt mich in's Verderben,
Treulos mich verlassen dann,
Und ich sehne mich zu sterben,
Weil ich nicht vergessen kann.

Was dein Mitleid mir auch spendet,
Was dein Blick mir auch verspricht -
Zwischen uns ist's nun geendet,
Deine Freundschaft will ich nicht -
Eins nur wollt' ich mir erwerben,
Doch ich konnt' es nicht - wohlan,
Laß es sein denn und mich sterben,
Da ich nicht vergessen kann.

Aus: Deutschlands Dichterinnen
von H[ermann] Kletke
Zweite vermehrte Auflage
Berlin o.J. [1882]

Collection: 
1882

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