Du mußt dich nicht bekümmern,
Wenn einmal auch geschwind
Beschattet meine Stirn ist,
Die Augen voll Thränen sind.
Am hellsten Sonnentage,
Schwebt da ein Wölkchen nicht
Manchmal zwischen die Gegend
Und das gewaltige Licht?
Auf Augenblicke ruht dann
Alles in Schatten gehüllt,
Und doch ist's von des Lichtes
Herrlicher Macht erfüllt.
Also kann in der Liebe
Leben athmen die Frau,
Und dennoch an ihren Wimpern
Zittern der Thräne Thau.
Aus: Deutschlands Dichterinnen
von H[ermann] Kletke
Zweite vermehrte Auflage
Berlin o.J. [1882]