Der wilde Honig deiner beiden Lippen

Der wilde Honig deiner beiden Lippen
Scheint deutlich mir in meine ferne Fahrt.
Mir ward von je durch erst verborgne Klippen
Gefahr und tiefer Schicksal aufbewahrt.
Ich spüre immer deine große Nähe,
Ob ich dir nahe oder dich nicht sehe.

Wesen mir noch umschleierter Regionen,
Wo ich durch dich einst leben könnte, fühlen,
Die Flamme wird mich sicher nicht verschonen,
Und brennt es auch, ich werde es nicht kühlen.
Führt es zum Rausche oder zum Verzicht:
Die Stunde weiß es, doch wir ahnens nicht.

Von Hoffen bin ich bis zum Schmerz erregt,
Wenn eine Türe aufgeht, und du kommst,
Und eh das Schwärmen sich noch hat gelegt,
Quält schon der Zweifel, ob du mir wohl frommst,
Ob Götter nicht, bevor wir uns noch kennen,
Bereit sind, uns Gelenkte schon zu trennen.

Du triffst mich, der, zu tiefem Ernst entschlossen,
Noch, Kind, gehindert ist, etwas zu tun.
Die leichte Neigung ist uns schon verflossen,
Und alles Schwere spannt und drückt uns nun,
Uns, die wir vor verlockendsten Gefahren
Nicht, eins vom andern, wissen, wer wir waren.

Collection: 
1918

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