Der Wettersee

Die Sonne sinkt in den Wettersee;
Da steigt – mit dem Neck und der Wasserfee –
Von Gold und Rubin, aus des Seees Gruft,
Ein Schloß an die abendgeröthete Luft.

Der Mond geht auf; da blassen Rubin
Und Gold zu Silber und Aquamarin;
Und hervor aus dem Schloß, hinaus zum Tanz,
Lockt die Nixen der Mondesglanz.

Teichrosen flechten sie, draußen im Saal,
Um Stirn und Nacken sich allzumal,
Als bangte jede, des Mondes Licht
Selbst könne bräunen ihr Angesicht.

Dann schlingen sie Tänze, dann tönt ihr Gesang
Zu Necken’s melodischem Saitenklang,
Bis blasser das scheidende Mondlicht blinkt,
Und Schloß und Neck und Nixe versinkt.


Schon baut ihren finstern Palast die Nacht,
Da heult es im Walde, da knickt es und kracht, –
Ihren Renner, zottig und grau,
Reitet zur Tränke die Haidefrau.

Ihr Roß ist ein Wolf, schnell wie der Wind,
Blindschleichen die Zügel des Renners sind,
Eine Natter ist Peitsche, ein Igel ist Sporn,
So jagt sie herbei durch Dickicht und Dorn.

Wetteifernd funkelt das Katzengrau
Der Augen von Wolf und Haidefrau,
Man sieht, bei solchem Blitzen und Sprühn,
Die lechzende Zunge des Wolfes glühn.

Er trinkt aus dem See, dann lenkt er den Schritt,
Und am Ufer entlang geht der nächtliche Ritt,
Bis früh am Morgen statt Neck und Fee,
Fischer durchfurchen den Wettersee.

Collection: 
1851

More from Poet

  •    1853

    Ich hab' darüber nachgedacht
    (Nachdenken immer nützt und frommt!)
    Und hab' gefunden über Nacht,
    Woher der Name »Minna« kommt;
    Feststeht es meinem Sinne,
    Daß Minna kommt von Minne,
    Und legst...

  •  
    »Es geht nicht mehr im fremden Lande,
    Die Welt birgt nur ein Paradies,
    Das liegt daheim am Meeresstrande,
    Wo ich mein trautes Liebchen ließ.

    Ich kann das Herz nicht länger zügeln
    Und nicht regieren meinen...

  •    (An Minna)

    Es floß ein Bach durch Waldesgrün,
    War lauter, klar und rein,
    Viel Blümchen an dem Bache blühn,
    Und alle nett und fein.

    Doch tut er stets, als säh' er nicht
    Die Blümchen um ihn her,
    Des...

  •  
    Du siehst, es bleibt mit mir beim alten,
    Trotz mancher bittern Neckerei;
    Versprechen - und Versprochnes halten -
    Ist mir noch immer zweierlei.

    Und daß dir alle Zweifel schwinden
    An meinem Unverändertsein,...

  •  
    Dort unter dem Kastanienbaum
    War's einst so wonnig mir,
    Der ersten Liebe schönsten Traum
    Verträumt' ich dort mit ihr.

    Dort unter dem Kastanienbaum
    Ist's jetzt so traurig mir,
    Dort gab ich...