Der Maiabend

Wir saßen wie die Kinder still im Grünen,
Entzücken klopfte in den treuen Herzen,
Der bitt'ren Trennung wehevolle Schmerzen
Versanken in des Augenblickes Sühnen.

Ha, säßen wir auf einem Grab der Hünen
Und hielten Wache bei den Leichenkerzen,
Ergingen uns im wilden Sturm des Märzen
Auf ödem Felsenstrand; in sand'gen Dünen.

Wir würden selig Aug' in Auge senken
Und nur der Nähe Himmelsglück bedenken;
Wir fühlten nichts von allen Lebensnöthen!
Wie dreimal selig nun der Herzen Freuen
Wo Maienlüfte Blüthenflocken streuen
Und gold'ne Abendwölkchen sanft sich röthen! -
(1854)

aus: Gedichte von Katharina Diez
und Elisabeth Grube, geb. Diez
Stuttgart 1857

Collection: 
1857

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