Der Feuergeist

Ein Jüngling, wortgewandt, und sehr fürs Volkswohl glühend,
oder galt seine Glut mehr seinem Rednerruhm?
wer weiß – denn eines Tags nach einer Wahlversammlung
sprach er zu einem Freund: welch grenzenloses Glück,
so ganz entbrannt zu sein, daß alles mitentbrennt,
so Flamme durch und durch, daß sich der Geist vesuvisch
am eignen Wort entflammt und jeden andern Geist
rings um sich her verzehrt! – der wurde selbigen Nachts
von einer Feuersbrunst jäh aus dem Schlaf geweckt.
Er sah, noch halb im Traum, durch die verkohlte Tür
den Brand nach seinem Bett mit riesiger Zunge lecken,
wollte um Hilfe schrein, sprang auf, sah rings die Wände
Rauch spein, die Dielen sprühn, schrie Gnade, stotternd Gnade,
sah nichts mehr, schrie nur, sah: alles verzehrend fraß
der glühende Atem um sich, vesuvisch. Und – o Gnade –
was war das? Luft! Er sah sich zusammenbrechen, fühlte
sich hochgerissen plötzlich, getragen, weggetragen,
durch klirrende Fenster, Wolken, Nachtwolken, Luft – o Glück –
o grenzenloses Glück – durch frische Luft getragen,
von Fäusten, Retterfäusten, hinab. So kam er zu sich,
stand unten, sah hinauf, sah rings das Volksgetümmel
vom Feuer geisterhaft beleuchtet, wollte sprechen,
Dank sagen, Dank, o Dank – und sprach, sprach nicht, schrie, schrie nur,
stotternd und lallend: Gnade! Gnade! – Die Zunge war
für immer ihm gelähmt.

Collection: 
1913

More from Poet

Ich will nicht immer küssen;
ich will nur fühlen, du bist mein!
Und wenn du noch viel nackter wärst,
ich würde lieber zu Stein,
als heut dich küssen.

Gieb mir die stillste Stille,
die du geben kannst....

Ich habe dich Gerte getauft, weil du so schlank bist
und weil mich Gott mit dir züchtigen will,
und weil eine Sehnsucht in deinem Gang ist
wie in schmächtigen Pappeln im April.

Ich kenne dich nicht - aber eines Tages
wirst...

Ich bin arm, du bist reich,
darum bau ich dir ein Schloß
aus meinen purpurnsten Träumen.
Das steht am grauen Nordseedeich,
wo die funkelndsten Wellen schäumen.

Denn unsre Liebe ist so groß,
daß die ganze Welt...

Hab ich schon mit dir gespielt,
als wir Kinder waren,
scheu um Nachbars Ecke geschielt
nach deinen flirrenden Haaren?

Wenn mich nur dein Atem streift,
fühl ich uns durchs Haidekraut springen;
wenn mich deine...

Du mußt nicht meinen,
ich hätte Furcht vor dir.
Nur wenn du mit deinen
scheuen Augen Glück begehrst
und mir mit solchen
zuckenden Händen
wie mit Dolchen
durch die Haare fährst,
und mein...