Der abwesende Gatte an sein Weibchen

Ja, ja! ich muss Dir, Beste, schreiben,
Muss, unsern Kummer zu vertreiben,
Dir sagen: Ewig bin ich Dein,
Und ewig, Weibchen, bist Du mein!

Ach! dass ich nicht mit einem Kusse,
Mit einem süssen Thränengusse
Den schönen Satz: "Ich bin dein Mann",
Den Augenblick versiegeln kann.

O! könnt' ich diesen heitern Morgen
Auf deines Herzens Klopfen horchen;
Wenn mir's mit jedem Pulse schwört,
Dass mir es, mir allein gehört.

Wie prächtig dort die ersten Stralen
Der Sonne das Gebürge malen!
Wie frisch nach dieser Regennacht
Die ganze Schöpfung um mich lacht!

Wie lieblich weht von jenen Triften
Die Luft, gefüllt mit Ambradüften!
Wie wogt und wiegt sich auf der Flur
Der grüne Reichthum der Natur!

Nur Eines, nur mein Weibchen fehlet;
Nur Sie, die fern von mir sich quälet,
Nur stäts nach mir, nach mir sich sehnt,
Und selbst am schönsten Morgen gähnt,

Jetzt liegt sie noch im heissen Bette,
Und seufzt: Ach! dass ich ihn doch hätte!
Wo bleibet er? Ach! käm' er doch!
Wie lange ach! verweilt er noch?

Sei ruhig, Kind! Die Zeit der Wehen
Wird auch für uns vorüber gehen.
Auch unser harrt, vielleicht nicht weit
Entfernt, der Liebe Seligkeit.

Wie wollen wir sie dann geniessen!
Wie schnell wird jedes Jahr verfliessen!
Viel schneller in der Liebe Glück,
Als jezt im Gram ein Augenblick!

Collection: 
1790

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