1789
Was rauschest du vor mir dahin,
Du kühle, klare Fluth,
Von dieser Silberpappeln Grün
Beschirmt vor Sonnengluth?
Du eilst in jenes stille Thal,
Wo die drey Erlen stehn -
Ach dorthin, wo zum letzten Mahl
Ich Wilhelm jüngst gesehn!
Es war ein schöner Frühlingstag,
So schön wird keiner mehr;
Im reinsten goldnen Lichte lag
Die Gegend um uns her.
Die Sonne sank, ihr letzter Schein
Hüllt in ein Veilchenblau
Des Bergs bewachsnen Gipfel ein,
Und schimmert' an der Au.
Da standen wir, du lieber Bach,
An deinem grünen Bord,
Und sahn dem Spiel der Wellen nach,
Und wagten nicht ein Wort.
Der Schmerz der nahen Trennung goß
Mir Schauer durch das Blut,
Und manch entschlüpftes Thränchen floß
Still in die kalte Fluth.
Da both er eine Rose mir,
Die er vom Strauche brach,
Ach, unbeschreiblich ist, was hier
Sein blaues Auge sprach!
Nun ist er fort, die Rosenzeit
Ist hin, die Blüthe leer -
Doch jenen Blick voll Zärtlichkeit
Vergess' ich nimmermehr!