Das stumme Herz

Was schweigt so tief als Grabesstille?
Was ist noch stummer als die Nacht?
Die Lieb' ist's, deren Schmerzensfülle
Der heil'ge Ernst der Pflicht bewacht.

Der Himmel darf in Thränengüssen,
Es darf der Wolken schwüles Heer
In heißen Gluthen überfließen,
Aufseufzen darf das tiefe Meer;

Die Blume darf ihr Antlitz zeigen,
Ist es von Thränen gleich bethaut,
Der stumme Schwan bricht einst sein Schweigen
In einem tiefen Schmerzenslaut;

Doch mit verschloß'nem Munde übet
Den strengen Opferdienst die Pflicht,
Und trägt den Traum, den sie geliebet,
Auf den Altar - und weinet nicht.

Und weinet nicht! Die Himmel messen
Allein ihr Weh' und ihren Sieg,
Und können nicht den Blick vergessen,
Der mit dem Opfer aufwärts stieg.

aus: Gedichte von Agnes Franz
Zweite Sammlung Essen 1837

Collection: 
1836

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