Wir waren uns fremd und sind uns begegnet,
wir haben einander geliebt und gesegnet
wohl einen kurzen Augenblick.
Du hast Dir einen Traum ersonnen,
den habe ich selig weiter gesponnen,
da ward er uns Glauben und Glück.
Du wolltest uns einen Tempel bauen,
ich sollte staunend die Heimat schauen
nach meiner einsamen Wanderschaft.
Ich aber wollte Dir mit weichen
Händen über die Stirne streichen
nach Deiner einsamen Wanderschaft.
O Du! - - - In meinen Thränen
ist noch dasselbe, glückselige Sehnen,
meine Träume erzählen von Dir.
Mir ist, als ob sie mir weilte und bliebe
meine glückselige, gläubige Liebe,
so nah bist Du mir.
Ich weiß wohl, was viel Kränze und Blüten
auf einem schweigsamen Felde behüten,
- ich weiß meines Herzens Herzeleid.
Aber daß wir uns fremd und begegnet,
daß wir einander geliebt und gesegnet,
trägt sich hinein in die Ewigkeit.
Aus: Liebeslieder moderner Frauen
Eine Sammlung von Paul Grabein
Gedruckt und verlegt bei Berlin Hermann Costenoble 1902