In dem buntbewimpelten Nachen,
Auf dem silbernhauchenden See,
An der Seite des holden Mädchens
Ward mir so wohl und so weh.
In der Mittagsschwüle da rauschten
Die Wellen so wohligfrisch,
Weitab zum fernen Lande
Mit bläulich duft'gem Gebüsch.
Wie süß war das zu fühlen!
Doch konnt' ich's nicht lange sehn.
Saß neben mir nicht das Mädchen
So liebeglühend und schön?
Ich senkte die sehnenden Blicke
Auf die Augen so innig und gut,
Auf die schönen, rosigen Wangen,
Auf den Mund voll küßlicher Glut.
Und als ich geküßt und gekoset,
Schaut' ich wieder hinaus auf den See,
Schaut' ich wieder auf das Mädchen,
Da ward mir so wohl und so weh.
Wo soll, wo soll ich denn weilen?
Ueberall so frisch und so schön!
Es zieht mich hinüber, herüber -
Ich kann mein Herz nicht verstehn!
Da hört' ich den Sang der Nymphen,
Sie sangen ihn leis und fern:
"Was verlangst du, sehnender Jüngling,
Sag' an, was hättest du gern?
Du verlangst in die junge Seele
Die ewig lebendige Lust?
Sieh die Wellen, sie wogen und rauschen
An der Erde liebender Brust.
Die weichen, wogenden Wellen
Sind die Wonne der Natur,
Und die Wonne des menschlichen Herzens
Ist ewiges Wogen nur."
Aus: Gedichte von Melchior Meyr
Berlin Verlag von Julius Springer 1857