Zweite Liebe

Nie wohl mocht ich es vermuthen,
Daß ich wieder lieben soll,
Bis der zweiten Liebe Gluten
Mich berauschten zaubervoll.

So die Nachtigall, wenn heiter
Sie der bunte Lenz umspann,
Glaubt's unmöglich, daß ein zweiter
Gleiche Lust ihr bringen kann.

Und es war ein selig Wähnen,
Dieses erste Paradies,
Das im Schein verliebter Thränen
Doppelt glänzend sich erwies.

Aehnlich einer Zauberblume,
Die nur Einmal blühen will,
Stand im Herzensheiligthume
Meine Liebe fromm und still.

Daß es nicht an andern fehle,
Wenn die eine welkt und bricht,
Daran dachte meine Seele,
Weiß der liebe Himmel! nicht.

aus: Gedichte von C. Dräxler-Manfred
Frankfurt am Main 1838
Druck und Verlag von Johann David Sauerländer

Collection: 
1838

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