Wilhelmine

                    I

Warum drängst du dich in meine Träume?
Warum hemmst du meiner Schritte Lauf?
Warum füllst du alle Himmelsräume,
Blick’ ich nächtens zu den Sternen auf?

Stör’ ich deiner Seele heil’gen Frieden,
Warum machst du, Mädchen, dich so breit?
Und „Nicht doch!“ entgegnest du entschieden
Wie der Genius der Enthaltsamkeit.

Ach, so kann es nicht mehr lange dauern;
Ach, es wälzt sich drohend Ach auf Ach;
Laß dir deine Zimmertür vermauern,
Oder fürchte den Zusammenkrach.

                    II

Und nun ist es doch gekommen,
Trotz des stolzen Sinns im Köpfchen;
Und wir haben von dem Töpfchen
Kühn den Deckel abgenommen.

Schwüler Paradieses-Brodem
Stieg mir schmeichelnd in die Nase,
Dennoch bangt’ ich wie ein Hase
Vor dem Pechgeruch von Sodom.

Zwei von heißer Glut erfüllte,
Mitternächtlich helle Sterne
Blinken träumend in die Ferne,
Die sich scheu in Nebel hüllte.

Collection: 
1905

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