Wie Lenzeshauch

Wie Lenzeshauch hast Du mich stets erquickt,
Was wild und schmerzlich mir die Brust bewegte,
Wenn Deines Kleides Saum ich nur erblickt,
War mir es schon, als ob der Sturm sich legte.

Und über mich kommt eine süße Ruh',
Schau' ich Dein Antlitz an, das schöne, milde,
Voll Andacht wendet sich mein Herz Dir zu:
So kniet der Pilger vor dem Gnadenbilde.

Kein steinern Bild bist Du, fühllos und kalt,
Mit todten Reizen, die nur Leben lügen:
Zum Herzen spricht mit siegender Gewalt
Das schönste Herz aus Deinen schönen Zügen.

aus: Gedichte von Albert Traeger
Neunte vermehrte Auflage
Leipzig Verlag von Ernst Keil 1873

Collection: 
1873

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