Von dem ersten Zwecke und letzten Schicksale des Bades

Ein Römer, den sein Denkmal priese,
Wenn ihn die Welt auch nicht mehr sah,
Schuf eins, und mit ihm Paradiese,
Als Architekt, am Abnoba.
Hier sezt’s Hadrian in Thermen;
Um bei altrömisch-deutschem Wein
Sich nach vollbrachter Jagd zu wärmen,
Und dann ein Menschenfreund zu seyn.

     Da, wo gereizte Nattern zischen,
Wo schroffes Eis die Thäler füllt,
Sich Bären unter Hirsche mischen,
Der Keiler schnauzt, der Urus brüllt,
Der Adler von Herzinens Spizen,
Auf kleines Wildpret gierig beizt,
Und Reiger und Fasanen sizen,
Wird er zu solchem Bau gereizt!

      Diana soll ihm da für Haine
Für Wasser, Feld und Auen stehn
Und durch sie bei erhaltnem Weine
Ein frohes Volk sich glüklich sehn,
Mit Mutterliebe den beschüzen,
Der ihren Schirm und Segen braucht;
Wenn nur, ihn würdig zu benuzen,
Ihr Opferstein in Westen raucht.

      Das Weib folgt willig gutem Rathe,
Erhebt sein Opfer zum Altar,
Und trozt auf sie nach einem Bade
Beherzt der weiblichen Gefahr.
Auch stehn im Duft geweihter Linden
Dort Grazien die Göttin an
Und sehn, bevor Gelübde binden,
Gewünschtes Glük schon auf der Bahn.

     Der Jäger stößt aus finstrem Walde
Von der bemosten Felsenkluft
In seinem stillen Aufenhalte
Blutathmend, Seufzer in die Luft.
Er späht, er lauert auf die Beute,
Die ihm zulezt sein Bogen schaft;
Eilt dann zum Bad und trinkt für Freude,
Zum Lob der Göttin, Rebensaft.

      Der keicht am Stok, der ächzt an Krüken
Entnervt dem lauen Bade zu,
Und sucht in Plagen, die ihn drüken,
Auf nassen Mamorbänken Ruh.
Die Hofnung wächst in Salbendüften,
Und nimmt ihm Gram und Sorgen ab;
Heilt ihn gleich in gewölbten Grüften,
Sein bester Arzt, das nahe Grab.

     Poppäa buhlt auf einem Felle
Bei ihr um Traum vor dem Altar.
Zu Füssen nimmt Merkur die Stelle,
Der längst ihr treuer Hausgott war.
Doch kaum stört sie sein Traum im Schlafe,
So wacht sie, sucht Apollens Rath,
Und stürzt, vor ernster Götterstrafe
Entsezt, sich in das nächste Bad.

     Ein Traumprophet fliegt schnell zum Deuten
Zur abgehärmten Träumerin.
Die Deutung glükt und Götterfreuden,
Bringt ihres Traums gewünschter Sinn.
Getrost kehrt sie den Blick zur Sonne
Und opfert nun des Dankes voll,
Im Heiligthum mit neuer Wonne
Nächst ihrer Göttin, dem Apoll.

     Der Tag gräbt sie mit heitrer Mine
Geschwind in junge Buchen ein;
Giest dann ein Oelglas der Lucine
Zum Dank, auf ihren Salbestein.
Ihr stiller Geist spricht laute Freuden,
Beschliest ein Fest von bester Wahl,
Und ehrt den Seher für sein Deuten
Im Vorhof durch ein grosses Mal.

     Auch sieht sich bei dem Opfermale
Korinna nach ihr ängstlich um,
Und macht bestürzt im Göttersale
Für sie ein Sellisternium.
Tibull verehrt sie durch Gebete,
Aemil durch seinen Talisman,
Torquat durch dunkle Amulete,
Und jedem glükts nach seinem Plan.

     Vermengt mit schauernden Ruinen,
Enttrohnt sie nun die Macht der Zeit.
Beschämt sehn Völker die ihr dienen,
Den schönen Traum von Herrlichkeit.
Und wir? – wir sehn auf Staub und weinen
Erhabner Kunst gestörten Lauf,
Und lesen unter Schutt und Steinen
Noch räthselhafte Trümmern auf.

     So zierten Römer hier den stillen
Und wasserreichen Abnoba,
Mit Bädern Portiken und Villen!
Und dann stand ein Theater da,
Auf dem die Welt ihr Schauspiel hielte,
Und mancher oft in Lust und Leid,
Wie noch, ungleiche Rollen spielte,
Im Drama der Vergänglichkeit.

Collection: 
1787

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