Vier Worte

Der du als Proletar geboren –
Wenn du geschnitzt aus echtem Holz,
So geht dir nimmermehr verloren
Der Seele selbstbewußter Stolz,
Denn mag dir noch so vieles mangeln,
Stolz darfst du sein, solang du strebst,
Da eine Welt aus ihren Angeln
Du mit den breiten Schultern hebst.

Der du als Proletar geboren -
Bewahre dir im Einerlei
Des Tags den Haß, den du geschworen,
Den Haß für jede Tyrannei.
Die Liebeslitanei der Pfaffen,
Sie trocknet keiner Träne Naß,
Und Wandel kann und Sühne schaffen
Nur ein gesunder, tiefer Haß.

Der du als Proletar geboren –
Füllt deine Adern warmes Blut,
So lacht trotz Wällen und trotz Toren
Der Vesten all dein frischer Mut.
Er muß auf deiner Stirne sitzen,
Wenn du kein untertän’ger Knecht;
Er muß aus deinen Augen blitzen,
So lang gebeugt das ew’ge Recht.

Der du als Proletar geboren –
Erhalte dir, von Not umringt,
Den Glauben, den du dir erkoren,
Den Glauben, der die Welt bezwingt!
Er wird dein treuer Schirmer werden
In dem entbrannten Riesenstreit;
Durch ihn errichtest du auf Erden
Die Herrschaft der Gerechtigkeit!

Collection: 
1901

More from Poet

(1889.)

Als zu des schönen Friedensfestes Feier
Die Reiche alle la belle France entbot,
Da barg ein jedes hinter dichtem Schleier
Der Wange züchtiges, verschämtes Roth.
Von jedem kam ein höflich kühles Schreiben –
Sie lehnten...

(1890.)

Das giebt ein ehrenreiches Jahr!
Du zwanzigster des Februar,
Wir werden dein gedenken
In hoher Lust, in Mannesstolz,
Bis sie im Sarg von Tannenholz
Uns in die Erde senken.

Nach langer Nacht ein glorreich Licht!
...

So oft ich noch zu Büchern der Geschichte
Geflüchtet mich in stiller, tiefer Nacht,
Der ernsten Sammlung tragischer Gedichte,
Wie sie kein Träumer brennender erdacht,
Hab’ ich die Blätter umgewandt mit Beben
Und scheu geschlossen das gewicht’ge Buch,
...

(Letzte Nummer des „Sozialdemokrat,“ 27. Sept. 1890.)

Ihr habt über ihn das Exil verhängt,
Ihr Ritter von Bibel und Säbel;
Ihr habt an den Fuß ihn der Gletscher versprengt
Und in Englands stickige Nebel;
Doch hat er sich allzeit der Feinde...

Ich habe kaum ein Wort mit dir gesprochen,
Ich habe kaum ins Auge dir gesehn,
Und dennoch hast du meinen Stolz gebrochen –
Ein süßes Wunder ist an mir geschehn;
Doch ward die Saat des Glückes, kaum entsprossen,
Von scharfer Sichel nieder auch gemäht –
...