Unendlichkeit

Wenn ich sterbe, dann erst werd' ich leben,
Wie ich nie gelebt hier in der Zeit,
Alle unverbrauchten Kräfte geben
Noch der leuchtenden Unendlichkeit.

Blüte will ich werden, Schaum der Welle,
Mondesglitzern überm Gletschereis;
Glocke, schwingend in der Sonnenhelle,
Die nur Liebe noch zu klingen weiß.

Wie ein Adler steigen in die Lüfte,
Flügelrauschend wie Gewitternacht,
Über Gräber hauchen süße Düfte,
Bis ein Rosengarten aufgewacht.

In dem heil'gen Buch der Sterne lesen,
Wissen, was die Augen nie gesehn,
Und so in millionenfachem Wesen
Untergehn und wieder auferstehn.

Collection: 
1920

More from Poet

  • Du, meines Lebens Glück und Glanz und Zier,
    Du, die uns Werden und Vollenden schafft,
    Du, aller Schönheit Inbegriff und Kraft,
    Soll ich zugrunde gehen nun an dir?

    Soll jener Hunger, den nur mein Gebot,
    Mein Wille immer wieder...

  • O du mein Leid, aus Glückesfülle mir geboren,
    O du mein Glück, im tiefsten Schmerze nie verloren,
    Ihr beide stammt ja aus der Liebe Land,
    Und geht durch meine Tage Hand in Hand.

    Ihr Gotteskinder, die ihr diese Erde nur
    ...

  • Meine Seele oftmals trägt so schwer,
    Wie ein Baum, der voll von Früchten hänget,
    Ihrer Liebe reife goldne Last,
    Die schon Zweig um Zweig zu Boden dränget.

    Keine Hände heben sich empor,
    Sie wie einst im Sonnenlicht zu pflücken,...

  • Oft geht ein Flammen durch die Nacht,
    Mit Worten kaum zu nennen —
    Wie Sehnsucht dann in mir erwacht
    Nach Sonne und nach Schönheitspracht,
    Nach Tönen, nicht ersterbend sacht,
    Nein, brausend, wie Gewittermacht —
    Nach...

  • Meine Seele ist ein Sonntagskind,
    Liebt die goldig blauen Frühlingstage,
    Liebt den leichtbeschwingten Morgenwind
    Und der Nacht geheimnisvolle Klage.
    Meine Seele weiß geheimen Weg,
    Den die Tatenfrohen hier nicht kennen,...