Tautropfen

I
Ein Mädchen stand an des Wassers Rand,
Sie warf hinein mit spielender Hand
Veilchen und Margueriten.

Hinzu kam ein Knabe mit scherzendem Mund,
Warf Steine hinab in den wirbelnden Grund,
Die trafen die lächelnden Blüten.

II
Die Lieder, die meinen Lippen entfließen,
Sind Blumen, die lenzlich der Erde entsprießen
Nach kahler Wintersruh.

Aber die Sonne, die ihnen Leben
Und Duft und Blüte und Farbe gegeben,
Bist du!

III
Als ich dich sah, ließ ich die Augen sinken
In deine Seele, wie ein töricht Kind,
Das müd gespielt sich an der Steine Blinken. ...

Jetzt hast du sie — doch ich, ich wurde blind.

Collection: 
1890

More from Poet

  • Ich halte dein Glück wie ein zerbrechlich Glas
    In meinen spitzen Fingern,
    Ich halte es lächelnd gegen das Licht,
    O, feines Glas, daß es nicht bricht,
    Man darf mit solchen Dingern
    Zu oftmals spielen nicht.

    Es hat die...

  • Ich liebe dich nicht mehr. Dein Bild ist längst verblichen
    In meiner Seele, und manch trüben Flecken
    Hast du mit eigener Hand darauf gesetzt.

    Doch manchmal kommt es mir im Traum geschlichen,
    Hebt duftend an den Blütenkelch zu recken,...

  • Mit weichen Schleiern sollst du es umkleiden,
    Was zwischen uns in jenen Tagen war,
    So glüh es wie ein Licht auf nebelschweren Heiden,
    Ein tiefverhülltes Bild am heiligsten Altar. ...

    O, sanft und silbern möge es uns strahlen,
    ...

  • Du bist mir heut ganz nah, ich sitz an dich geschmiegt,
    Wie in der Zeit, da uns das Glück gewiegt.

    Mein Herz schlägt leise unter deiner Hand,
    So ist ein jeder Schlag dir zugewandt.

    Und meine Seele schauernd nicht begreift,
    ...

  • Zwei purpurne Rosen stehen vor mir,
    Sind nicht von dir...
    Ein anderer hat sie mir gebracht,
    Gestern — bei nahender Nacht —
    Zwei Rosen, wie meiner Lippen Pracht. ...

    Und als er mich leise zu küssen gewagt,
    Hab still...